Letzthin hatte ich den Auftrag, einen Kurs über YouTube anzubieten. Ich habe ihn von einem Lehrer geerbt, der kurzfristig ausgefallen ist. In der Ausschreibung standen v.a. die negativen Aspekte der Videoplattform im Zentrum, insbesondere Fake News.
Den Inhalt habe ich dann noch etwas praxis- und handlungsorientierter aufbereitet. Etwas gestaunt habe ich dann schon, als ein Teil der Lehrpersonen trotz vorgängiger Informationen ohne digitale Geräte erschienen ist: Hatten sie das Gefühl, dass Ihnen nun während eines ganzen Nachmittags Ungeheuerlichkeiten präsentiert würden, die den Jugendlichen auf YouTube so begegnen? Erwarteten sie, dass sie sich ihre Vorurteile bestätigen lassen könnten, ohne dass sie einen Bezug zum eigenen Unterricht herstellen zu müssten? Dafür ist Weiterbildungszeit wohl definitiv zu wertvoll.…
Mit dem Lehrplan 21 sind wir definitiv aufgefordert, die Kinder und Jugendlichen zu Medienkompetenz hinzuführen. Eine Kompetenz lässt sich allerdings nicht verordnen, schon gar nicht, wenn man selber nicht darüber verfügt. Aber wie schafft man es denn? Hier ein paar Gedanken dazu:
Sich interessieren
Man muss nicht alles toll finden, was die Jugendlichen im Netz (und sonst wo) anstellen, aber man sollte sie nicht mit moralisierenden (Vor-)Urteilen konfrontieren.
Stattdessen sollte man ihnen mit wachem Interesse begegnen und ihre Faszination zu verstehen versuchen (das heisst nicht dass man sie teilt). Dazu gehört aber auch kritische Fragen zu stellen. In der folgenden Liste findest du einen repräsentativen Querschnitt zu typischen YouTube-Inhalten und Kanälen: http://tiny.phzh.ch/gmi_youtube
In der anschliessend Diskussion wurde beispielsweise gefragt, was der Reiz an «Let’s Play» Videos sei, bei denen man einem Gamer beim spielen zuschaut. Das wurde verschiedentlich wissenschaftlich untersucht, Studienergebnisse findet man z.B. hier.
Manchmal finde ich bei solchen Fragen die Suche nach Analogien interessant: Beispielsweise könnte man es als genauso absurd bezeichnen, wenn Leute freiwillig anderen beim Fussballspielen zuschauen, oder nicht? Oder ist es wirklich so schockierend, wenn Jugendliche als Berufswunsche «YouTuber» angeben? Ist das nicht viel mehr ein Ausdruck einer ziemlich narzistischen und konsumorientierten Welt? War der Berufswunsch Pilot, Rockstar und Schauspielerin nicht genau so unrealistisch und naiv?
Hintergründe verstehen
Um Jugendliche bei der Entwicklung ihrer Medienkompetenz begleiten zu können, muss man zwangsläufig auch ein gewisses Wissen haben. Wie wird YouTube finanziert? Woher kennt YouTube meine Interessen und Vorlieben? Wie erkenne ich Falschinformationen? Was heisst Deep Fake? Deep Fake kommt von «Deep Learning» (für künstliche Intelligenz, maschinelles Lernen) und «Fake» (also «falsch»).
Im folgenden SRF-Beitrag (nichts für zartbesaitete Gemüter) wird es erklärt:
Medienkompetenz über eigenes Handeln
Aus meiner Sicht der entscheidende Faktor für den Aufbau von Medienkompetenz ist das eigenen Handeln und das Nachdenken darüber. Indem die Schüler/innen selber Filme produzieren und veröffentlichen werden sie zwangsläufig mit medienbildnerischen Fragestellungen konfrontiert: Wie gestalte ich den Film, damit er seinen Zweck erreicht? Wie ist das schon wieder mit dem Urheberrecht und den Persönlichkeitsrechten der dargestellten Personen? Welche technischen Voraussetzungen müssen beachtet werden? …
In der Linkliste zum Kurs findest du viele Ideen, Materialien und Tools, die dich bei der Nutzung von YouTube im Unterricht unterstützen: